FHWS 3IN – Internationale Ringvorlesung

Responses to the crisis – a transnational view

Zusammenfassung der Inhalte der internationalen Ringvorlesung „Responses tot he crisis – a transnational view“, organisiert vom Projekt FHWS 3IN der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg – Schweinfurt.

Ort:                 Online, virtuelle Vorlesung

Datum:            Donnerstag, 14.05.2020; 14:30 - 17:00
                        Freitag, 15.05.2020 14:00 - 17:00

Online Vorlesung

Die zweitägige Online-Vorlesung “Responses to the crisis – a transnational view” wurde vom Projekt FHWS 3IN organisiert, welches Mitglied der 3IN Allianz ist. Neben den zwei Sprecher*innen der FHWS, hielten auch acht eingeladene Sprecher*innen von fünf der Partneruniversitäten der 3IN Allianz Vorträge. Ziel der Vorlesung war es, den Zuhörer*innen und den anderen Vortragenden einen Einblick in die Corona-Situation im eigenen Heimatland zu gewähren. Da die „International Week“ leider ausfallen musste, wurde diese Online-Vorlesung organisiert. So sollte gezeigt werden, dass internationaler Austausch auch in Zeiten von Isolation möglich ist.

Nachdem der Präsident der FHWS, Prof. Dr. Robert Grebner alle Teilnehmer*innen herzlich begrüßte, übernahm Teammitglied von FHWS 3IN und Organisatorin der Vorlesung, Dr. Kristina Gehring, das Wort. Sie gab ein paar einleitende Worte und erwähnte, dass die Länder, Universitäten und Gesellschaften in Europa unterschiedliche Maßnahmen ergriffen haben, um gegen Covid-19 vorzugehen. Diese Ringvorlesung solle Raum zum Austausch geben und auch eine Möglichkeit sein, voneinander zu lernen.

Im Rahmen der zweitägigen Konferenz gab es neun Präsentationen, die alle von einer Diskussion mit den Zuhörer*innen gefolgt wurden.

TAG 1 - Donnerstag 14.05.


Dr. Daniel Wimmer ist Leiter des Hochschulservice Internationales der FHWS und erörterte in seinem Vortrag, wie man eine Bildungseinrichtung krisensicher macht. Er gab einen kurzen Überblick zur Situation in Deutschland und erklärte, dass die FHWS bei der praktischen Bewältigung der Krise zwei Aspekte besonders beachten musste: die Maßnahmen müssen sicher sein und die Arbeit der Hochschule muss aufrecht erhalten werden. Im Weiteren nannte er sechs Schritte, die beim Krisenmanagement miteinander einhergehen: 1. ZUHÖREN: Es ist wichtig immer ein offenes Ohr zu haben, um Besorgnis von Mitgliedern der FHWS vorzubeugen. 2. VORBEREITUNG: Für die Hochschule war es am wichtigsten, nicht zum Stillstand zu kommen. Dies war schwer umzusetzen, da jedes Management dieselben Probleme hatte, aber kontextualisierte Lösungen benötigte. 3. ANALYSIEREN: Fragen wie „Gibt es infizierte Personen in der Fakultät?“ oder „Muss das Budget neu angepasst werden?“ mussten beantwortet werden, was zum nächsten Schritt führt. 4. HANDELN: Die Maßnahmen mussten verschärft werden, wie beispielsweise die Verschiebung der Vorlesungszeit und die Installation von Glaswänden, um Tröpfcheninfektionen vorzubeugen. 5. KOMMUNIZIEREN: Um Transparenz zu wahren, mussten alle Informationen an jegliche Hochschulmitglieder übermittelt werden. 6. VERTRAUEN: Für Herr Wimmer ist dieser Schritt einer der wichtigsten, da eine Krise nur erfolgreich überwunden werden kann, wenn Vertrauen zwischen Studierenden, Professor*innen, Personal und dem Management herrscht. 

Im zweiten Vortrag sprachen Jana Midelfart und Øystein Wendelbo, zwei Doktoren in einem Krankenhaus der VID Specialized University, zuerst einmal über die Grundeigenschaften des Virus. Øystein Wendelbo erklärte, dass die skandinavischen Länder eine andere Taktik bei der Bekämpfung des Virus verfolgen. Schweden glaube an die „Slow-Down-Strategy“ – kleine Maßnahmen um die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und Herdenimmunität zu erreichen. Die schwedische Regierung hofft, dass sich die Bevölkerung innerhalb eines Jahres zum Großteil mit dem Virus angesteckt hat. Norwegen hingegen verfolgte eine andere Strategie und entschied sich für einen Lockdown inklusive Schließung von Schulen und Geschäften, da noch zu wenig über das Virus bekannt war. Ab dem 12. Mai begann Norwegen langsam wieder mit der Öffnung von gewissen Einrichtungen, wie beispielsweise Friseursalons. Reisebeschränkungen und ein Versammlungsverbot für Gruppen von über 50 Personen blieben aber bestehen. Jana Midelfart rundete den Vortrag mit einem Ausblick auf die bevorstehenden Herausforderungen ab. Sie stellte mehrere Fragen, wie z.B. ob es einen dauerhaften gesellschaftlichen Wandel gebe oder wie die Wirtschaft wieder angekurbelt werden könne. Laut ihr könnten die Antworten auf die Fragen auch neue Möglichkeiten mit sich bringen, wie beispielsweise die Förderung der lokalen Produktion und ein Startschuss für die digitale Entwicklung sein. Zum Abschluss scheint es so, als ob die norwegische Strategie aufgegangen sei.

Florin Nechita ist Dozent für Marketing und Markenkommunikation an der UNiTBv in Rumänien. Er hielt einen ausführlichen Vortrag über die Markenkommunikation in der Corona-Krise und nannte hierbei stark betroffene Bereiche, wie zum Beispiel die Wirtschaft, Marken und Verbraucher. Das Verhalten der Verbraucher hat sich im Verlauf der Krise stark verändert. Manche Produkte wurden unabdingbar und gerade mediale Produkte wurden immer wichtiger. Genauso erhöhten sich die Nutzung des Internets sowie die Anzahl von Onlinekäufen. Das Kaufverhalten von Verbrauchern korreliere mit dem Grad der Besorgnis. Zudem änderten sich auch die Einstellung zum Gesundheitssystem und das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In seiner Präsentation ging Herr Nechita ebenfalls auf Regeln in der Markenkommunikation ein: Gesundheit müsse an erster Stelle stehen, auf Wünsche der Verbraucher sollte eingegangen werden und Angst sollte niemals Teil der Kommunikation werden. Durch die Corona-Krise habe sich auch die Kommunikation zwischen verschiedenen Marken verbessert, was er anhand von Beispielen mit Google, Apple, McDonalds und Burger King belegte. Am Ende der Präsentation machte er nochmal darauf aufmerksam, dass es bei manchen Marken einen Unterschied zwischen Kommunikation und Handeln gibt, und gab den Teilnehmenden mit auf den Weg, dass Handeln wichtiger sei als das Kommunizieren ohne zu Handeln.

Den Abschluss des ersten Tages machte Tor Slettebø. Er ist Dozent an der Fakultät für Sozialwissenschaften an der VID Specialized University in Norwegen und berichtete über Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen in seinem Heimatland. Mithilfe von Statistiken erklärte er uns wie diese Einrichtungen in Norwegen überhaupt organisiert sind. 60% der Kinder, die Hilfe von Einrichtungen bekommen, Leben in der eigenen Familie, 40% der Kinder werden außerhalb ihres eigentlichen Zuhauses betreut. Nach einer kurzen Einordnung der Situation während der Krise widmete sich Herr Slettebø gefährdeten Kindern. Diese sind sowohl Kinder mit Behinderung, als auch Kinder, die in Familien mit Abhängigkeits- und Gewaltproblemen aufwachsen oder deren Familien ein dauerhaft niedriges Einkommen haben. Gerade für diese Kinder seien Hilfen von enormer Bedeutung, die teilweise während der Corona-Krise nicht zugänglich waren; Kindergärten wurden geschlossen, die normalerweise einer negativen Entwicklung vorbeugen. Trotzdem bemühen sich die Einrichtungen, die gleichen Hilfen zu stellen, nur eben auf anderem Wege. Am Ende kritisierte er, dass die Einrichtungen nur wenig Hilfe und Anleitung von der Regierung bekämen. Auf der anderen Seite beleuchtete er auch die Vorteile, die aus der Situation hervorkommen, wie zum Beispiel die Zeitersparnis und die größere Reichweite bei digitalen Treffen.

TAG 2 – Freitag, 15.05.


João Silva ist Dozent für Gesundheitswissenschaften an der ISAVE – Higher Institute of Health in Portugal. Zu Beginn seiner Präsentation erklärte er erst einmal die Rolle von ISAVE in der 3IN Allianz. Im Anschluss stellte er die Ereignisse der Pandemie in Portugal chronologisch dar. Das Virus erreichte Portugal erst recht spät. So blieb dem Land recht viel Zeit zur Vorbereitung auf den Ausbruch. Im Anschluss sprach er die größten Maßnahmen im Bildungssektor an, wie zum Beispiel die Schließung aller Schulen und Universitäten und das Einrichten von Online-Lernplattformen. Da Lernplattformen wie Moodle in Portugal noch nicht sehr verbreitet waren, stellte die Einrichtung dieser die Universitäten vor große Herausforderungen. Trotz der Startschwierigkeiten hat sich ISAVE aber auch neue Ziele für die Zukunft gesetzt, darunter die sichere Wiederöffnung der Universitätsgebäude. Abschließend sagte João Silva, dass uns die Pandemie auch etwas gelehrt habe: Wir hören nun besser auf Ängste, Befürchtungen, Träume und Hoffnungen von unseren Mitmenschen und können so besser füreinander da sein.

Olli Vesterinen ist leitender Dozent für Blended-Learning und digitale Pädagogik an der DIAK in Finnland. Zum Einstieg in seine Präsentation stellte er die Rolle von Fernunterricht in der Vergangenheit dar und die Entwicklung durch die Corona-Krise. Während der letzten zwei Monate befand sich Finnland in einem Lockdown und nur durch Fernunterricht konnte die Lehre an Universitäten aufrecht gehalten werden. Charakterisiert wird der Fernunterricht durch die physische Trennung von Lehrenden und Lernenden und die Nutzung von verschiedenen Technologien, um die Kommunikation zwischen den zwei Parteien zu vereinfachen. Bis jetzt habe sich die Lücke zwischen Hochschulpädagogik und Fernunterricht verringert. Der Unterschied zwischen Blended-Learning und der Onlinelehre liege in der Anzahl an Lernenden in einer Unterrichtsstunde. Zudem sei Blended-Learning zumeist eine Mischung aus Online- und Präsenzsitzungen, während die Onlinelehre ausschließlich digital stattfände. Sehr interessant war auch, dass uns Olli Vesterinen einen Einblick in die aufgrund von Covid entstandenen Neuerungen an der DIAK gab, wie zum Beispiel die Trainingsstunden für Lehrpersonal zur Onlinelehre. Er schloss seinen Vortrag mit dem Zitat ab, dass technologischer Fortschritt Lernen nur dann verbessert, wenn dieser gleichzeitig auch die Beziehung zwischen Lehrenden und Lernenden stärkt.

Der Soziologe Daniel Verba unterrichtet an der University of Paris North (USPN) in Frankreich und machte in seinem Vortrag auf die soziale Ungerechtigkeit während der Krise und im Lockdown aufmerksam. Sein Vortrag war auf zwei Punkte fokussiert: Der Effekt von Lockdown und Krise auf die sozial schwachen Gesellschaftsgruppen und der Effekt auf die Praxis von Sozialarbeitern. Zuerst machte er auf die Verbindung von Armut, Bildungsniveau und Zugang zu Informationen aufmerksam. So stellte er die Hypothese auf, dass die Krise die Arbeiterklasse und Mittelschicht härter treffe als andere Gesellschaftsgruppen. Seine zweite Hypothese besagte, dass die Auswirkungen des Lockdowns das Land schwerer treffen würden als die Krankheit selbst. Deshalb schlägt er vor, manche Berufsgruppen kontrolliert mit dem Virus in Verbindung zu bringen, um die Wirtschaft so am Leben zu erhalten. Außerdem prophezeit er eine hohe Arbeitslosenrate als Resultat der Krise. Nun kam er auch auf die Sozialarbeiter zu sprechen, die ihre Arbeitstechniken der Krise anpassen müssen. Sie müssen auf digitale Technologien setzen und Methoden finden, wie Familien auf digitalem Wege besucht werden können. Zusammenfassend kritisierte er, dass der Lockdown bis jetzt nur die Alten und privilegierte Bürger schütze und somit die sozial schwachen Mitmenschen dem Virus ausgesetzt werden.

Bjørn Hallstein ist Anthropologe und Soziologe für Religion an der VID Specialized University in Norwegen und stellte die Rolle von religiösen Einrichtungen in der Corona-Krise und deren Bedeutung für Immigranten vor. Als erstes zeigte er eine Tabelle mit den Infektionsraten, sortiert nach dem Geburtsland der Betroffenen. Die Statistik zeigte beispielsweise, dass Einwanderer aus Somalia öfter infiziert sind als die norwegische Bevölkerung. Die Resultate der Studie wurden in den Medien heiß diskutiert. Mögliche Erklärungen waren, dass Einwanderer eher in Jobs arbeiten, bei denen man mit dem Virus in Berührung kommt oder dass es eine Sprachbarriere bei Infomaterialien über das Virus gebe, da diese nicht in genügend Sprachen zur Verfügung gestellt werden. Im Anschluss an die Debatte erhielten sechs gemeinnützige Organisationen in Norwegen, darunter das Rote Kreuz aber auch religiöse Organisationen, Förderungen vom Staat, um mehr Materialien für Einwanderer zur Verfügung zu stellen. Bjørn Hallstein ging dann noch explizit auf die Maßnahmen des Islamrats von Norwegen ein. Der Rat hat Infomaterialien zum Verhalten in Moscheen veröffentlicht und Internetvideos erstellt, in denen die Muslime in Norwegen dazu aufgerufen werden, den Reglungen der norwegischen Regierung Folge zu leisten. Der Islamrat Norwegens hat sehr schnell gehandelt und zeigte die Rolle von Religion in der Krise und die Auswirkungen auf die Bevölkerung auf. Zudem wurden während der Krise die unterschiedlichen Herangehensweisen von den koexistierenden Religionen in Norwegen deutlich.

Der neunte und somit letzte Vortrag der Veranstaltung wurde vom Rechtprofessor und Anwalt Achim Förster von der FHWS in Deutschland gehalten. Er stellte den Zuhörer*innen die rechtliche Seite der Corona-Krise samt ihrer Maßnahmen vor, indem er die aktuelle Situation mit den Vorfällen und der Lage vom 11. September 2001 in Amerika verglich. Damals war internationaler Terrorismus das Thema in der Politik aber auch in der Gesellschaft und es galt, Überwachungsmaßnahmen und Freiheitsrechte miteinander zu vereinen. Während der Corona-Krise geht es nun abermals darum, diese Rechte auszubalancieren. Nach einer kurzen Vorstellung des deutschen Rechtssystems ging Achim Förster auf Sonderregelungen in Krisensituationen ein. So dürfen Grundrechte eingeschränkt werden, um so die Grundrechte aller zu beschützen und die nationale Gesundheit zu sichern. In Zukunft sollte aber gesichert werden, dass Gerichte schneller handeln können, da es in diesen Situationen auf Schnelligkeit ankommt. Er endete seinen Vortrag mit dem Zitat „There’s no one-size-fits-all“ was auf alle Vorträge anzuwenden ist: Obwohl alle Länder vor ähnlichen Problemen und Herausforderungen stehen, gibt es nicht nur einen richtigen Weg. Jedes Land muss die Lösung finden, die am besten zur Bevölkerung passt.