Internationale Studentin und internationaler Student im Studiengang Robotik

Diakonie FH Helsinki, Finnland

Blogeintrag 4 - Schneechaos in Helsinki

Die Halbzeit ist schön längst überschritten.. mit dem November bricht jetzt mein vorletzter Monat an, bevor es in gut 7 Wochen schon wieder ans Packen geht.
Im Moment ist es etwas zäh.
Anfang November hat uns das Schneechaos ganz schön überraschend getroffen, der früheste Winter seit 2006! Das hätte keiner gedacht, dass es heuer schon so früh schneien würde. Nicht mal in Lappland war es zu diesem Zeitpunkt so verschneit wie in Helsinki! Naja, die Wetterprognosen sagen, der Schnee wird nicht liegen bleiben, wir werden sehen.
Jedenfalls war der Himmel die letzte Woche sehr grau und düster und nasskalte -10 Grad standen zwischenzeitlich auch mal im Raum.
Man geht einfach nicht gerne raus, wenn es so kalt und stürmisch ist, das ist in Deutschland nicht anders. Ich habe also versucht mich mit Sport und Papierkram zu beschäftigen und alles ein bisschen mit Humor zu nehmen. Und ich wusste ja auch im Vorfeld, auf was ich mich einlasse.

Die Nachmittage und Abende habe ich wieder im Jugendcenter verbracht. Übrigens haben viele der Kinder  somalischen backround und sind mit ihren Familien hierher nach Finnland ausgewandert und leben nun hier.    
Mittlerweile klappt die Verständigung auch ganz gut, so dass ich sogar ab und an dem Computer vorgezogen werde. Gerade trainiere ich meine „skills“ im Billard und Tischtennis (es gibt eine kleine Sporthalle im Jugendcenter). Auf meine alten Tage bin ich gar nicht so schlecht und die Jungspunde müssen sich ganz schön anstrengen.
Was ja ganz neu für mich war, ist das „Spiel“ Dancing Star, und zwar kann man wie beim Karaoke Lieder aussuchen, nur muss man nicht dazu singen, sondern die Tanzbewegungen der Figuren auf dem Bildschirm nachmachen. Sogar 99 Luftballons war zur Auswahl, auf Deutsch! Die „moves“ waren auch gar nicht so ohne, aber die Mädchen tanzten wirklich zuckersüss!
Das Karaoke Dancing wäre eine geniale Idee für Silvester!! Da kommt der Funfaktor definitv nicht zu kurz.
Am 9. November war auch die Politik großes Thema bei den Kindern im Jugendcenter. Trump und Präsident und so weiter... Jetzt ist der 9. November nicht mehr nur deutscher Schicksalstag. Ich konnte zwar die finnischen Gespräche nicht verstehen, aber ab und zu hielt mich mal einer mit ein paar englischen Brocken „up to date“.
Für ihr Alter sprechen die Kinder wirklich super Englisch, aber kein Wunder. Das finnische Fernsehen ist bis auf lokale Sender ausschließlich auf Englisch genauso wie Kinofilme, außer sie sind finnische Produktion. Eigentlich müsste man das in Deutschland auch mal einführen, ein guter Lerneffekt. Als wir uns mit einem tschechischen Austauschstudenten unterhalten hatten, und wir darauf zu sprechen kamen, dass er so gut Englisch spreche, meinte er nur, dass Kino und Fernsehen in Tschechien auch auf Englisch seien!! Da haben wir’s!
Hier in Finnland wird außerdem immer alles nochmal auf Schwedisch wiedergeben, sei es auf Straßenschildern oder sonst wo. Das ist als zweite Amtssprache fest integriert und fast jeder Finne hat es in der Schule gelernt, Helsinki heißt im Schwedischen Helsingfors. Schwedisch ist aber in keinster Weise mit dem Finnischen verwandt. Die finnische Sprache stammt nämlich aus der Familie der uralischen Sprachen, zusammen mit dem Ungarischen und Estländischen. Und auch mit dem Russischen hat das finnische nichts gemein, wie ich eigentlich zunächst dachte, das ist wieder eine andere Sprachfamilie.

Jedenfalls wurde das Wetter zur Mitte November hin wieder besser und der Himmel klarte auf.
Wahnsinn, was die Wolken im Wechselspiel mit Himmel und Sonne so treiben.. und als ich an diesem schönen Fleckchen Erde stand (Helsinki hat fast überall Meerwasser), waren die letzten Tage mit grauem Himmel doch gleich wieder vergessen.  

Mein Leben spielte sich also im Moment meistens im Jugendhaus oder in der Wohnung ab. Im Wohnheim wohne ich zu dritt in einer Mädchen–WG: Bulgarien, China und Deutschland. Die Bulgarin geht gerne feiern und kriegt leider öfters in der Nacht, wenn sie heimkommt, ihre Türe nicht auf, da die Schlüssel hier wirklich tricky sind. Ausgefuchst (oder einfach nur nüchtern) muss man sein, um die Wohnungstür zu öffnen. Jedenfalls klingelte die Türglocke schon ab und an mal in den frühen Morgenstunden. Langweilig wurde es mit ihr nun wirklich nicht. Ich möchte auch nicht die Story vorenthalten, als sie einen Kochabend mit ihren Studienfreunden bei uns plante. Als ich am Abend von der Arbeit kam, hockte dann eine Horde Männchen in unserer Küche und der Anblick eines in Unterhöschen am Herd stehenden Erasmusstudenten brachte mich dann doch etwas (sehr!) ins Schmunzeln...
Mit der Aufgabenteilung hat sie es leider nicht so gehabt, so dass ich mich nicht erinnern kann, sie bisher jemals mit einem Putzlappen im Bad oder in der Küche gesehen zu haben. Dass sie auf meiner Beliebtheitsliste nicht ganz oben steht, kann ich nicht leugnen. Aber ich bin wahrscheinlich von meiner WG in Würzburg zu verwöhnt. Das sind aber auch Schätze, die ich da habe!!!
Meine andere Mitbewohnerin, die Chinesin, sitzt eigentlich immer nur am Schreibtisch und schreibt irgendetwas, was ich bis heute leider noch nicht „gecheckt“ habe.. Irgendeine Thesis und irgendwelche Projektarbeiten. Sie kocht auch sehr gerne scharf, sogar so scharf, dass ich neulich, als ich in die Küche kam, erst mal husten musste, so ist es mir in die Nase gefahren! Ich durfte auch schon ein paar Mal probieren und muss doch zugeben, dass die chinesische Küche durchaus was kann.
Dass sie Kopfsalat und Salatgurke in der Pfanne mit Öl anbrutzelte, konnte ich ja erst mal nicht verkraften, es war aber zum Schutz ihres Magens, wie sie erklärte.
Über die deutsche Angewohnheit, einfach mal ein Brot zu essen, kam sie dagegen nicht hinweg. Immer wenn sie mich Brot essen sah, sagte sie ganz verzückt „you really like bread“, wobei man anmerken muss, dass die Finnen anderes Brot haben als wir in Deutschland, aber wenn es ums Essen geht, nimmt man ja bekanntlich, was man kriegen kann!
Jedenfalls war die Hauptsache, dass wir alle drei gut auskamen und das klappte bisher zum Glück super! Es hätte mich bedeutend schlimmer treffen können...


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