Bericht “Intercultural Competence Training” mit Anna Lassonczyk
Am 20.04.2021 war die Trainerin für interkulturelle Kompetenz Anna Lassonczyk zu Gast an der FHWS. Eingeladen waren Studierende der FHWS und Studierende der Partnerhochschulen des Projektes FHWS 3IN, welches sich für eine europäische Hochschule sowie für Inklusion, Integration und Involvement einsetzt. Gerade für eine internationale Veranstaltung wie den Workshop von Anna Lassonczyk war das Onlineformat genau richtig, da so Studierende aus ganz Europa teilnehmen konnten. So wählten sich knapp 20 Studierende aus Spanien, Rumänien, Norwegen und Deutschland von ihren Computern aus ein, um etwas über das interkulturelle Miteinander zu lernen. Die Trainerin Anna Lassonczyk hielt den Workshop von ihrem Zuhause in Polen, wo sie auch geboren wurde. Mit 19 Jahren kam Frau Lassonczyk nach Deutschland und studierte im bayrischen Passau Sprachen, Wirtschafts- und Kulturraumstudien. Heute ist sie Trainerin für interkulturelle Kompetenz und berät große und international tätige Unternehmen und gibt Kurse für deren Mitarbeitende. Umso spannender, dass das Projekt FHWS 3IN Frau Lassonczyk auch für einen Workshop an der Hochschule begeistern konnte.
Als Einstieg in die Veranstaltung berichtete Frau Lassonczyk von persönlichen Erfahrungen aus ihrer Studienzeit zum Thema interkulturelle Unterschiede. Natürlich war auch sie in das ein oder andere Fettnäpfchen getappt, was sie aber nur motivierte, noch mehr über andere Kulturen und deren Traditionen und Bräuche zu lernen. Heute gibt sie ihr erlerntes Wissen weiter, um anderen Menschen gewisse Fehltritte zu ersparen. So gab sie auch den Studierenden einen guten Überblick und vermittelte die wichtigsten Tipps & Tricks für den interkulturellen Austausch. Zuerst beschrieb sie das wohl jedem bekannte Phänomen des „Kulturschocks“ und erklärte, dass die meisten Personen sogar zwei Kulturschocks erleiden: Einen ersten, etwas stärkeren Kulturschock, zu Beginn des Auslandsaufenthalts und dann noch einen zweiten, leichteren nach der Rückkehr in die „Heimatkultur“. Sie betonte, dass der erste Kulturschock meist erst nach gewisser Zeit eintrete, nachdem man im Alltag angekommen sei und der erste Stress des Ankommens verflogen sei. Zudem sei es auch wichtig, Lebenspartner*innen mit in das kulturelle Training einzubinden, dass auch diese wissen, auf was sie sich einlassen. So könne der Abbruch von Auslandsaufenthalten vermieden werden.
Als nächstes Thema stellte Frau Lassonczyk das mentale Kulturmodell vor. Anhand dieses Modells können alle Länder der Welt in Farben eingeteilt werden, die gewisse kulturelle Charakterzüge widerspiegeln. So sind die Bewohner von blauen Ländern (Typ: linear-active) eher datenorientiert, planen viel und stützen sich gerne auf Fakten und Gesetze. Im Gegensatz dazu stehen Länder, denen ein rotes Farbschema (Typ: multi-active) zugeordnet wird. Diese stehen eher für Werte wie Familie, Beziehungen, Emotionen und suchen den Dialog. Zwischen den beiden Extremen stehen die Länder, die in Gelb (Typ: reactive) eingefärbt sind. Ihnen werden Eigenschaften wie Intuition, Harmonie, Höflichkeit und ein offenes Ohr zugeordnet. Typisch „blau“ sind beispielsweise Deutschland, die Schweiz und Finnland. Rote Länder sind vermehrt in Latein- und Südamerika verortet, während gelbe Länder dem asiatischen Raum zugeschrieben sind (Vietnam, China, Japan). Frau Lassonczyk erklärte, dass es natürlich auch gemischte Länder gäbe, die dann grün, violett oder orange auf der Karte dargestellt werden. Zudem machte sie deutlich, dass es persönliche und regionale Abweichungen von der Einordnung des Heimatlandes geben könne. Dieses Modell sei von besonderer Bedeutung, wenn es um internationale Beziehungen und Verhandlungen gehe. Anhand der Farben und den zugeordneten Charaktereigenschaften können sich Mitarbeiter*innen auf die andere Kultur vorbereiten, und wissen zum Beispiel, dass es bei einer Dienstreise von Deutschland nach Brasilien durchaus der Fall sein kann, dass das Private fast von größerer Bedeutung ist als das Geschäftliche.
Eine weitere bildliche Darstellung von Kulturen lieferte Frau Lassonczyk im nächsten Teil ihres Workshops. Hier ging es um Pfirsiche und Kokosnüsse und die Zuordnung verschiedener Kulturen zu den Früchten. Es handelt sich aber nicht um geschmackliche Vorlieben, sondern viel mehr um die harte Schale einer Kokosnuss, unter der sich ein weicher Kern verbirgt und um das weiche Fruchtfleisch des Pfirsichs, das einen harten Kern versteckt. In diesem Modell können sehr gut zwei Kulturen miteinander verglichen werden. Allerdings machte Frau Lassonczyk ebenfalls deutlich, dass jedes Land die zugewiesene Frucht ändern könne – abhängig davon, mit welchem anderen Land es verglichen wird. Denn wie so oft komme es auch hier immer auf die Perspektive an.
Letzter thematischer Punkt des Workshops waren die geschäftliche Beziehung und die Art des Kommunizierens. Während es in Deutschland gängig sei, dass sich Firmenpartnerschaften mehr um das Geschäftliche und weniger um die Beziehung an sich drehen, ist in anderen Ländern das komplette Gegenteil der Fall. Unternehmen in anderen Ländern wollen ihre Vertragspartner zuerst auf einer privaten Ebene kennenlernen, um so Vertrauen aufzubauen – die Grundlage einer gesunden Beziehung. Auch die Art und Weise wie kommuniziert wird, könne sich auf eine erfolgreiche Partnerschaft auswirken. Während blaue Länder wie Deutschland die direkte Kritik lieben, wird dies in anderen Ländern (oftmals rot eingefärbt) als unhöflich angesehen. So sollten Arbeiter*innen, denen ein Auslandsaufenthalt bevorsteht, diese Thematik immer im Hinterkopf behalten und ihr Feedback bei Präsentationen den Traditionen und Gegebenheiten des Ziellandes, zumindest in Teilen, anpassen.
Der dreistündige Workshop mit Frau Lassonczyk verging wie im Flug und alle Teilnehmenden konnten am Ende aussagen, etwas Neues dazu gelernt zu haben. Durch die aufgeschlossene Art von Frau Lassonczyk mangelte es nicht an aktiver Mitarbeit, durch viele Diskussionen im kleineren Kreis wurde der Workshop sehr lebhaft und es wurde ein internationaler Austausch auch untereinander angeregt. Auch wenn niemand von sich behaupten kann, jetzt alles über fremde Kulturen und Traditionen zu wissen, ist eines dennoch sicher: Durch den Workshop haben alle Teilnehmenden einen Schritt in die richtige Richtung gemacht.